Ein Spaziergang zu den Veränderungen an Palmas Meerseite – Teil 2
Ca La Torre, die Architektenkammer
Wir nehmen unseren Weg wiederum östlich über eine weitere Rampe an der Ca la Torre vorbei hinunter zur Plaça de la Portella. Die südliche Mauer von Ca la Torre fällt dabei durch ihre moderne Gestaltung der Lichtöffnungen im Untergeschoss auf. Dahinter befindet sich der durch Kreuzgewölbe überspannte Vortragssaal der Architektenkammer, die erst in den 1980er Jahren nach einer aufwendigen Renovierung hier einzog.
Das oberste Geschoss war bis dato, wie in solchen Gebäuden üblich, eine offene, frei durchlüftete Halle (porche) für Lagerung von Getreide und anderen Feldfrüchten, die aus den Landgütern des Besitzers ausserhalb der Stadt angeliefert wurden. Der Stadtpalast datiert aus dem Ende des 17. Jhdts., der Architekt war zu jener Zeit auch in den Bau der Stadtmauer involviert.
Auf dem Platz nach links abbiegend gelangen wir in die Gasse C/. de la Portella, und betreten linker Hand durch ein grosses Tor den Hof des Ca la Torre.
Bemerkenswert sind der, entgegen der üblichen Bauweise, äussere Hof und die Treppe, die direkt in das Planta Noble mit seinen sich aneinanderreihenden Sälen „enfilade“ mit hohen Fenstertüren führt. Zum täglichen Gebrauch dient der kleine Eingang links im Porche, hinter dem sich der Empfang und die Annahmebüros der Kammer befinden.
An Werktagen kann man die gelegentlichen Ausstellungen und die öffentlich zugängliche Bibliothek besuchen (9 bis 15 Uhr).
Handelswege
Zurück auf der Plaza de la Portella verlockt das von einem Bogen gekrönte Tor, uns hinaus in den Parc de la Mar zu begeben. Achten Sie hier auf den Wechsel der Bodenbeläge und die Durchfahrtsperre in Form einer Chumbo-Feige!
Draussen, unter den hohen Palmen, die den alten Belag aus grobem Marés unterbrechen, wenden wir uns nach rechts, wo wir bald ein weiteres Tor in der Mauer entdecken.
Anders als bei anderen Stadttoren wurde diesem durch ein Tympanon mit Wappenfeld besondere Bedeutung verliehen. Hier befindet sich der Ausgang eines Eisenbahntunnels (rechts, heute durch Marés-“Gewebe“ verschlossen), der an der Plaza España, also in der Nähe des Bahnhofs begann. Waren, die dort ankamen, konnten sofort weiter bis zum Hafen transportiert werden und umgekehrt. Wiederentdeckt wurde dieser Tunnel beim Bau des Parkhauses unter der Plaça Mayor. Teile der alten Gleise sind noch im Bereich des Moll de la Riba im heutigen Fischereihafens zu sehen.
Schauen wir der Länge nach durch den neuen Tunnel, stellen wir seine barocke Form fest, ein weiteres neues Element, das Elias Torres hier eingefügt hat, und das den Tunnel optisch verkürzt. In der Mitte gelangen wir dann zur Auflösung des Rätsels um das auf der Mauerkrone entdeckte „Brunnenelement“: eine Lichtöffnung in der Mitte in Form eines bischöflichen Birrets. Das Hinaufschauen lohnt.
Am Ende des Tunnels haben wir somit einen weiteren Zugang zu Ses Voltes vom Parc de la Mar aus entdeckt. Und können nun rechts über eine Treppe aus altem Sandstein und Beton wieder die Promenade der Murallas erreichen. Hier wurde altes Abbruch-Material verwendet, das bei den Bauarbeiten gefunden wurde, aber nicht zuzuordnen war.
Gehen Sie auf Entdeckungsreise, viele Elemente kommen Ihnen sicher bekannt vor.
Im Steinernen Meer
Wir setzen unseren Spaziergang Richtung Osten fort, am Stadtteil Sa Calatrava vorbei und über die schattige Plaça de Llorenç Villalonga bis ans Ende der Strasse.
Hier nun beginnt ein ganz anderes Szenario. Innerhalb der alten Mauern hat das Büro Elias Torres das riesige, bis dahin ungenutzte Areal im zweiten Bauabschnitt in ein „Meer aus Sandstein“ verwandelt. Treppen und Rampen formen mit ihren stürzenden Linien ein lebendiges Verwirr-Spiel. Sie nehmen das konstruktive Thema des Verteidigungswalls auf, scheinen sich wellenartig zu bewegen und bilden vielfältige Zugänge zu den offenen Plattformen darüber. Gut überschaubar wird der gesamte Bereich von einem erhöhten Platz aus, z.B. der Dachterrasse eines Hotels in der Nähe.
Ganz sind die Bauarbeiten (Stand Juli 2023) noch nicht abgeschlossen. Dort, wo vor dem kleinen Park der Plaça de la Porta del Camp bis zum Abriss Anfang des XXI. Jhdts. ein gewaltiger Block von Wohnungen für Militärangehörige stand, fehlt noch die Fertigstellung der Zugänge, eines Service-Bereichs und des tieferliegenden Abschnitts. Die äusserste südöstliche Ecke des ehemaligen Bollwerks wird aber bereits für Veranstaltungen genutzt. Besonders am Abend sind die gut beleuchteten freien Flächen, mit steinernen Bänken möbiliert, ein beliebtes sommerliches Ziel der Anwohner.
Am Ende unseres Spaziergangs angekommen, können wir uns nun entscheiden, ob wir den Rückweg aussen herum durch den Parc de la Mar nehmen – wo uns Stadtkunst des 20.Jhdts. begegnet oder wir vielleicht von einer Freiluft-Akrobatik-Klasse überrascht werden – oder innen durch das stille Sa Calatrava. Hier fallen uns dann sicher noch einige interessante Bauwerke, alte und neue, ins Auge. Aber das ist ein anderes Kapitel…
Alle Fotos sofern nicht anders angegeben ©Angelika Hermichen
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